Kategorien: News

Dopingmittel soll gegen Corona helfen

Bei einer Corona-Infektion zeigen Menschen, die in Höhenlagen leben, seltener schwere Symptome als jene im Flachland. Dies könnte am körpereigenen Hormon Epo liegen, so dass Forscher glauben, hier ein wirksames Medikament gegen Covid-19 zu finden.

Der Ruf ist denkbar schlecht, denn das Wachstumshormon Epo ist bekannt und verbunden mit Doping-Skandalen im Profisport. Das Erythropoietin, so der vollständige Name, kommt im Körper vor und regt die Bildung der roten Blutkörperchen an. Dies verhilft auf unerlaubte Weise Ausdauersportlern zu mehr Leistung. Bei Blutarmut wird künstlich hergestelltes Epo auch als Medikament eingesetzt. Dass es auch Patienten mit schwerem Covid-19-Verlauf helfen könnte, vermuten nun die Forscher.

Einige Hinweise darauf gibt es bereits, schreiben in einer Studie unter anderem Forscher des Max-Planck-Instituts für experimentelle Medizin in Göttingen. Epo wurde etwa einem Corona-Patienten im Iran verabreicht, der an schweren Symptomen und schlechten Blutwerten litt. Erstaunlicherweise konnte der Patient sieben Tage nach dem Beginn der Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Hinweise auf einen positiven Effekt liefern auch Beobachtungen aus Südamerika. Besonders Menschen, die in höheren Regionen leben, leiden seltener an schweren Verläufen. Naheliegend scheint hier ein Zusammenhang zwischen geringerem Sauerstoffgehalt und der erhöhten Produktion von Epo im Körper. Im Blut der Bergbewohner gibt es eine höhere Epo-Konzentration und schützt daher vor den Auswirkungen von Corona.

Epo schützt verschiedene Gewebearten

Weitere Hinweise gibt es auch. So sagt die Studien-Co-Autorin Hannelore Ehrenreich: “Wir haben beispielsweise beobachtet, dass Dialyse-Patienten Covid-19 auffällig gut überstehen – und genau diese Patienten erhalten im Rahmen ihrer Dialyse regelmäßig Erythropoetin”. Doch wie sollte Epo gegen Covid-19 wirken? “In den vergangenen 30 Jahren wurde mehr und mehr deutlich, dass Epo in vielen Organen und Geweben des Körpers freigesetzt wird”, so die Autoren der Studie. Viele Funktionen werden dort erfüllt und schützen verschiedene Formen von Gewebe.

Durch Epo könnte nach Ansicht der Göttinger Forscher eine Reihe von Covid-19-Symptomen gelindert werden. Dass das Hormon auf Bereiche im Hirnstamm und Rückenmark wirkt, ist an Tierversuchen nachgewiesen worden. Auch wirkt das Mittel entzündungshemmend, was eine Abmilderung der häufig überschießenden Immunantwort bei Covid-19-Patienten bringen könnte. Ebenso kann das Molekül vor neurologischen Symptomen schützen. Häufig klagten Patienten über Kopfschmerzen, Schwindel sowie Ausfällen des Geschmack- und Geruchsinns.

Klinische Studie soll folgen

Nun fehlt nur noch der klinische Beleg der Wirksamkeit von Epo gegen Covid-19. In der Mitteilung des Instituts heißt es dazu, dass seitens der Pharmaunternehmen nur ein begrenztes Interesse einer Finanzierung von notwendigen Studien mit den zugelassenen Wirkstoffen wie Erythropoetin besteht. Einen neuen Anlauf wollen aber die Göttinger Forscher nun starten: “Wir bereiten (…) gerade eine Studie am Menschen vor, mit der wir die Wirkung von Epo bei Covid-19 untersuchen wollen, eine sogenannte Proof-of-Concept-Studie”, erklärt Ehrenreich. Schwer erkrankte Covid-19-Patienten sollen in dieser Studie zusätzliches Epo erhalten. Dabei soll herausgefunden werden, ob das Wachstumshormon den Krankheitsverlauf tatsächlich abmildern kann. “Covid-19 kann so schwere Folgen für die Gesundheit haben, dass wir jedem Hinweis auf eine schützende Wirkung von Epo nachgehen müssen.”

Social
Author
Stephan Heiermann