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Banken bereiten Negativzinsen für Immobilienkredite vor

Für ein bislang undenkbares Szenario scheinen sich deutsche Banken derzeit zu rüsten: Negativzinsen auf Immobilienkredite. Es sei eher eine Frage von Wochen denn von Monaten, dass dies eintrete, wenn das Tempo des Zinsverfalls so anhalte. Marktteilnehmer berichten, dass es sich keineswegs um Marketing-Gimmicks handelt. „Wir reden hier nicht von Lockvogel-Angeboten“, so ein Banker.

Diese Entwicklung ist durch den massiven Zinsverfall der vergangenen Wochen ausgelöst worden. Die Zinsen für einen Immobilienkredit mit fünfjähriger Bindung und moderater Beleihung liegen derzeit bei nur noch 0,13 %, Tendenz sinkend. Und auch bei einem Kredit mit zehnjähriger Laufzeit sind es teilweise nur noch 0,20 %. Dies bedeutet eine Halbierung der Zinssätze seit Anfang Juli. Da sich die Zinsen für das Baugeld mit einer gewissen Verzögerung zu den Renditen der Bundesanleihen entwickeln, kann man annähernd errechnen, welche Konditionen Banken für Ihre Immobilienkredite zahlen. Und da die Zinsen bei Bundesanleihen in den letzten Monaten einen regelrechten Kollaps erlebt haben, liegen diese inzwischen seit dem Monatsbeginn bei minus 0,52 %.

Im Umkehrschluss muss das aber für die Banken kein Verlustgeschäft sein, denn so lange sie sich so extrem günstig refinanzieren können, machen sie weiterhin ein Plus. Momentan scheint es also, als das Minuszinsen bei Baukrediten eher die Wirklichkeit werden als negative Zinsen beim normalen Sparen. Denn hier sehen sich viele Banken gezwungen, die „Null“ als letzte Bastion zu verteidigen. Aus Wettbewerbsgründen könnten Banken aber bei Immobilienkrediten dazu gezwungen werden, unter die Nulllinie bei den Zinsen zu gehen. Hier handelt es sich meist um sechsstellige Summen und da vergleichen die Verbraucher die Angebote ganz genau. Diese privaten Immobilienkredite sind das meistumkämpfte Bankgeschäft überhaupt und durch Internetportale wie Interhyp oder Dr. Klein in den letzten Jahren sehr transparent geworden. In den letzten 9 von 10 Quartalen berichteten deutsche Institute von sich verschärfenden Wettbewerbsbedingungen und schrumpfenden Margen bei privaten Baufinanzierungen.

Ein Beispiel lässt erahnen, wie gering die Spielräume noch sind. So benötigt ein Kreditnehmer 300.000 Euro bei einem Kaufpreis von 600.000 Euro. Dies entspricht einer sehr konservativen Finanzierung. 15 Institute offerieren bei dieser Modellanfrage bei dreiprozentiger Tilgung und 5 Jahre Zinsbindung den bereits erwähnten Zinssatz von 0,13 %. Somit liegen die tatsächlichen Zinskosten in diesem Fall bei nur 1.700 Euro über die Laufzeit.

Aber es gibt auch Stimmen, die negative Zinsen in der nahen Zukunft nicht für realistisch halten. „Wir glauben nicht, dass die Nulllinie rasch unterschritten wird. Das ist eine Grenze, ab der die psychologischen Effekte rasch fatal werden könnten, denn theoretisch hieße das: Sie können Ihre Immobilie beleihen, erhalten mehr Geld raus, als sie zurückzahlen – und diese Überschüsse wiederum tragen sie erneut zu Banken, die auf Einlagen Strafzinsen zahlen müssen“, hieß es dazu bei einer Großbank. Auch spielen die kurzen Laufzeiten eine eher untergeordnete Rolle. „Der typische private Immobilienkreditnehmer nutzt die Niedrigzinsen für sehr lange Zinsbindungen.“
Und ein anderer Marktteilnehmer erklärte: „Das Gros {der Banken} geht wohl aktuell nicht davon aus, dass derartige Zinsverhältnisse demnächst auch auf dem deutschen Markt herrschen könnten.“

Derzeit laufen ausstehende Immobilienkredite bei einer Restlaufzeit von bis zu fünf Jahren mit einem effektiven Zinssatz von 1,8 %, bei mehr als fünf Jahren Restlaufzeit gar mit gut 2,3 %. Aber diese Altverträge laufen aus und die Kunden verhandeln neue Zinssätze mit ihren Banken. Daher läuft die Zeit gegen die Banken.

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Jerry Heiniken