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Babys ohne Hand geboren – wie bei Contergan?

Eine mysteriöse, angeborene Fehlbildung breitet sich in Europa aus und die Ärzte sind ratlos. Das diffuse Krankheitsbild trat zuerst in Frankreich auf. Jetzt häufen sich Fälle in NRW. Keiner weiß, was die normale Entwicklung der Babys stört.

Einer Hebamme aus Köln fiel auf, dass da etwas Mysteriöses, vielleicht sehr Gefährliches, vorgeht. Sie teilte sich anderen Hebammen mit. Inzwischen beschäftigen sich Spezialisten der Berliner Charité mit dem Phänomen.

Der Kölner Hebamme war aufgefallen, dass in einem Krankenhaus in Gelsenkirchen binnen drei Monaten drei Babys zur Welt kamen, die mit einer stark deformierten, völlig unter entwickelten Hand geboren wurden. Eine solche Fehlbildung der Extremitäten sei extrem selten, erklärte ein Sprecher der Klinik. Man schließe zwar einen Zufall nicht aus, aber dass die Fälle in so kurzer Zeit hintereinander auftraten, sei „auffällig“. Die Ärzte in Gelsenkirchen versuchten eine mögliche gemeinsame Ursache bei den Familien der Kinder zu finden, jedoch vergebens. Die drei Familien waren grundverschieden. Weder kulturell oder ethnisch noch sozial ließen sich Gemeinsamkeiten bei den Eltern finden. Die einzige Gemeinsamkeit: Alle drei Familien wohnen im Raum Gelsenkirchen. Offenbar werden Umweltgifte nicht ausgeschlossen. An der Berliner Charité beschäftigen sich Forscher der Abteilung „Embryonaltoxologie“ mit dem Phänomen.

Die alarmierte Hebamme Sonja Ligget-Igelmund fürchtet, dass möglicherweise viel mehr Kinder von der „Erkrankung“ betroffen sind. Es sei schwierig, dies festzustellen, denn: Missbildungen werden weder zentral gemeldet, noch tauschen Kliniken derartige Informationen aus. Dem Kölner Stadtanzeiger sagte die Geburtenhelferin, es sei folglich „unklar, ob der Fall nicht weitaus größere Dimensionen in Deutschland hat – und Gefahr im Verzug ist.“ Ligget-Igelmund rief Eltern daher dazu auf, sich zu melden, sollte auch ihr Kind mit einer unerklärlichen Fehlbildung zur Welt gekommen sein. „Sie könnten helfen, das Rätsel zu lösen. Umweltfaktoren, Ernährung, Medikamente? Keiner weiß es.“

In Frankreich treten vergleichbare Missbildungen seit einigen Jahren in alarmierenden Häufungen auf. Ende vergangenen Jahres hatte die SÜDDEUTSCHE hierzulande erstmals darüber berichtet. In bestimmten Gebieten waren mehr als 25 Babys geboren worden, deren Finger, Hände oder Arme nicht richtig ausgebildet waren. Die nationalen Behörden ermitteln bislang erfolglos. Die einzige Auffälligkeit ist, dass alle betroffenen Familien in der Nähe von Feldern lebten, auf denen Sonnenblumen oder Getreide angebaut wurde. Umweltschützer machen daher Pestizide für die Missbildungen verantwortlich.

Das Geschehen erinnert an den Contergan-Skandal, als Anfang der 60er Jahre auffällig viele Babys mit deformierten Armen und Beinen geboren wurden. Später fand man heraus, dass das Arzneimittel Contergan die Fehlbildungen verursachte.

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Author
Sara Breitner